Heute geht es in die Reithalle, habe ich beschlossen. Luci braucht Bewegung und Training. Wir müssen den Winterspeck wegtrainierten und wieder fit werden.
Während Michelle mistet räume ich das Auto ein und hänge an. Als ich den Anhänger vorziehe, geht beginnt Luci auf dem Reitplatz zu toben und zu bocken. Sie weiß ganz genau, dass sie gleich einsteigen muss. Sie hat echt die Wut. Sie tobt so wild, dass alle Shire und das Pony mitmachen müssen, obwohl sie gar nicht wissen, was los ist. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis sie sich ausgetobt hat. Wir sind alles ehr gespannt, wie sie sich gleich verhalten wird, wenn wir verladen wollen. Vorher muss ich aber den ganzen Matsch von ihren Beinen und ihrem Bauch abspülen.
Während ich noch schnell etwas aus dem Haus hole, versucht Michelle Luci zu verladen. Sie möchte aber nur ein Maul voll Hafer nehmen und draußen auf der Rampe essen. Ich übernehme Luci, aber sie möchte nicht in den Anhänger. Wir brauchen also die Fahrgerte, damit ich sie antippen kann. Innerlich stelle ich mich schon auf eine Diskussion ein, aber die bleibt aus. Luci steigt ein, versucht aber rückwärts wieder raus zu gehen. Ein „nein“ und ein Impuls am Knotenhalfter reichen aber aus, um sie umzustimmen.
Über das Anbinden habe ich mir ein Gedanken gemacht. Sie soll sich nicht so sehr nach links drehen können, aber sich auch nicht eingeengt fühlen. Ich bin sie zusätzlich rechts an, um das nach Linksdrehen etwas einzuschränken.
Luci bleibt ruhig und wir kontrollieren alle Verschlüsse, packen den Hafer weg und fahren dann auch los. Das hat schon mal geklappt. Während der Fahrt steht sie brav.
Als wir an der Halle ankommen, sehe ich schon, dass in der kleinen Halle Unterricht ist. Ich steige erst einmal aus und spreche mit den Leuten in der Halle. Luci muss warten und das macht sie wirklich toll. In der großen Halle ist kein Unterricht, so dass wir dort reiten können.
Das Ausladen klappt auch gut. Luci ist trotzdem aufgeregt und schaut sich um. Wir binden sie nicht komplett an, sondern wickeln den Strick ein paar mal um die Stange und Michelle sichert das Ende. So könnten wir im Notfall besser reagieren. Das Satteln und Trensen ist etwas hektisch, denn ich bin irgendwie auch aufgeregt. Das erweist sich nachher als Störfaktor.
Dann geht es in die Halle. Eigentlich erwarte ich, dass Luci mindestens einmal scheut und die Anspannung durch Bocken lösen wird. Die Halle ist ziemlich groß und überall steht etwas hinter der Bande. Ich führe sie erst einmal bis ich das Gefühl habe, dass sie angekommen ist. Sie entspannt sich zum Glück relativ schnell. Also steige ich auf und reite erst einmal auf einem großen Zirkel, um die anderen drei Pferde in der Halle nicht zu stören.
Luci wird nur an einer Stelle in der Halle etwas spannig, weil dort ein Ausgang ist und man unter der Tür die Bewegungen der Leute und Pferde außerhalb sehen kann. Außerdem verschwinden während des Reitens die anderen Pferde dort und das findet Luci ziemlich merkwürdig.
Die Trainingseinheit
Luci fühlt sich schwer und steif an. Die lange Trainingspause macht sich deutlich bemerkbar. Schwermütig stelle ich fest, dass wir beide sind total rausgekommen sind. Es fühlt sich ein bisschen so an, als ob wir alles vergessen und verlernt haben.
Im Schritt versuche ich die Bewegungen zu finden und mitzugehen. Erst auf dem Zirkel mit Handwechseln, dann auf der Geraden und auch im Schulterherein. In der Trabphase trabe ich erst einmal leicht auf geraden und gebogenen Linien. Der Kontakt zum Zügel ist leicht, sie legt sich nicht auf den Zügel, jedoch fühlt sich alles andere irgendwie steif und unbeweglich an. Meine Beine sind so unruhig und zappeln fröhlich durch die Gegend.
Nach ein paar Minuten geht ihr schon die Energie aus, wir machen trotzdem weiter. Das ist zum Glück nicht verloren gegangen. Ich kann mich noch genau erinnern wie schwierig es mit ihr war diese langen Trabphasen zu entwickeln und zu erhalten. Im Aussitzen merke ich noch mehr, wie sehr wir raus sind. Eins werden mit dem Pferd fühlt sich anders an, aber ich möchte nicht so viel meckern. Wir sind beide raus und hatten eine lange Trainingspause und von dieser Perspektive aus betrachtet, läuft es gut. Trotzdem deprimiert es mich.
Das Schulterherein probieren wir auch. Eigentlich erwarte ich, dass Luci mir dabei ausfällt, aber sie hält tapfer durch.
Für den Galopp ist die Energie eigentlich schon aufgebraucht, aber ich frage trotzdem danach. Bevor es losgeht merke ich, dass der Sattel ziemlich zurück gerutscht ist. Das habe ich in der Aufregung beim Satteln nicht drauf geachtet. Auch vor dem Aufsteigen habe ich nicht mehr danach geschaut. Das mache ich sonst immer. Ob unser unrundes Gefühl daran liegt? Da ich nur noch kurz galoppieren möchte, entscheide ich mich aber den Sattel so zu lassen. Auf der linken Hand galoppiert sie besser als auf der rechten Hand.
Die Trainingspause hat uns ganz schön zurück geworfen, stelle ich heute fest. Ich versuche mich nicht darüber zu ärgern, aber merke, wie sehr ich an mir zweifele. Heute fühle ich mich wie ein Anfänger. Kein tolles Gefühl. Ich versuche mich zu beruhigen und sage mir: „Von keinem Training kann auch nichts kommen. Das wird wieder!“ Die Frage bleibt, wie ich es umgesetzt bekomme. Der Reitplatz zuhause ist hin und dreimal in der Woche in die Halle fahren….wie soll ich das hinkriegen? Deshalb Luci aus ihrer Herde in eine Reitanlage stellen ist keine Option. Langfristig gesehen muss ein vernünftiger Reitplatz her, nur ich fürchte, dass das ein Traum bleiben wird, auf den ich noch längere Zeit warten muss. Also müssen wir uns feste Tage legen, an denen wir in die Halle fahren. Das blöde ist nur, dass ich jedesmal jemanden brauche und ich noch lange davon entfernt bin, alleine in die Halle zu fahren. Ohne Michelle wäre ich heute auch nicht hier gewesen und hätte noch nicht mal eine Halle gefunden.
Das Verladen nach dem Reiten ist wieder mit einer kleinen Minidiskussion verbunden. Luci muss äppeln. Mit Antippen auf der Hinterhand steigt sie ein. Dort bekommt sie erst mal ihren Hafereimer, das findet sie super. In Ruhe machen wir alles sauber. Für die Heimfahrt haben wir die linke Seite auch oben geschlossenen, damit Luci nicht so geblendet wird. Fürs Fahren kommt der Hafer wieder weg.
Zuhause auf dem Hof kann sie vor lauter Freude wieder zuhause zu sein, doch nicht mehr so still stehen im Anhänger. Jetzt kommt Teil zwei des Anhängertrainings. Das warten nach dem Ausladen an der Rampe zahlt sich aus. Luci steht ruhig und wartet mit mir zusammen. Dann kommt ein wichtiger Knackpunkt. Jetzt soll sie noch einmal einsteigen. Da fängt die ganze Diskussion von vorne an. Sie zeigt alle Verhaltensweisen, die sie vorher gezeigt hat: Zappeln, ziehen, wegdrehen. Also doch mit Knotenhalfter und Fahrgerte zum Antippen. Ich merke richtig, wie es bei Luci arbeitet im Kopf. Zum Glück trifft sie die richtige Entscheidung und steigt ein. Puh! Sie frisst ihren Hafer und versucht nicht wieder auszusteigen. Sehr gut! Dann gebe ich das Kommando zum Aussteigen. Leider kommen wir ganz schief raus und Luci rutscht von der Rampe ab. Das möchte ich nicht so stehen lassen und steige noch mal mit ihr ein. Zum Glück fast diskussionsfrei. Wieder bleibt sie ruhig im Anhänger und frisst ihren Hafer. Zum Glück klappt das zweite Aussteigen besser. Wir warten noch in Ruhe an der Rampe und dann kann Luci zurück in den Stall.
Auf der einen Seite bin ich super stolz auf mich und Luci, dass wir es in die Halle geschafft haben und dort miteinander Arbeiten konnten. Auf der anderen Seite war die ernüchternde Bestandsaufnahme deprimierend. Es bleibt nur der Vorsatz dran zu bleiben.
Video von unserem Training
Hier seht ihr ein paar Momente unseres heutigen Trainings. Ganz ungeschönt und echt, so wie es nun mal im Moment einfach ist.
https://youtu.be/xqB1MI0mggc
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