Eine Messe ist für mich und Luci ein echtes Abenteuer. Diese Messe würde unsere zweite richtige Messe werden. Im Vorfeld war beruflich so viel zu tun und ein Lehrgang bei Kathrin Branderup-Tannous stand auf dem Programm, so dass gar nicht viel Zeit für Aufregung und Besorgnis übrig war.
Am Mittwoch stand erst einmal eine Weihnachtsfeier mit meiner lieben Klasse auf dem Programm. Gleich danach ging es mit Luci zur Messe. Michelle, meine Pferdenanny, begleitete mich und half mir beim Einpacken. Kurz vor acht kamen wir in Hannover an. Zum Glück sind Luci und ich in den Ankommsituationen sehr entspannt geworden. Luci tut es sogar gut, wenn sie erst einmal im Anhänger stehen bleiben kann und sich die Geräusche und Gerüche im sicheren Anhänger anhört und einschnüffelt. Ein bisschen aufgeregt war ich beim Ausladen dann doch und das übertrug sich auf Luci, die etwas nervös und guckig die Rampe runter stolperte. Trotzdem meisterten wir den Weg in die Stallhalle. Bei Luci weiß man nie so genau, ob sie etwas schlimm finden wird oder nicht. Besonders interessant war, dass sie die anderen Pferde, die schon da waren, sofort wieder erkannte.
Nachdem Luci in der Box war, mit Heu versorgt war und wir alles an seinen Platz geräumt hatten war es schon fast zehn Uhr. Ich musste am nächsten Tag arbeiten. Martina und Marc würden sich um Luci kümmern bis ich mittags wieder da sein würde. Gerade als ich fahren wollte, fing jemand an eine Dose mit Spray zu schütteln. Die Metallkugel in der Dose schepperte hin und her und machte Luci super nervös. Jetzt wegzufahren fiel mir so schwer. Zum Glück war Marc da, der nach ihr schaute.
Nachdem ich den Schulmorgen hinter mich gebracht hatte, sauste ich nach Hannover. Gegen zwei Uhr war ich endlich da und musste mich schon auf den ersten Auftritt vorbereiten. Das Gute an einem engen Zeitplan ist, dass man weniger Zeit hat sich über alles Mögliche Sorgen zu machen. Spätestens beim Schließen des Sattelgurtes konnte ich das Zittern in meinen Händen nicht mehr verleugnen.
Die Abreitehalle war an allen vier Tagen die größere Herausforderung als der Auftritt an sich. Natürlich war sie zu unseren Zeiten voll bis auf den letzten Platz. Alles trabte, galoppierte, piaffierte, passagierte um uns herum. Luci war fest davon überzeugt, dass sie einfach durch keine dieser Lücken passen würde und die Pferde auf jeden Fall alle vorhatten ihr was anzutun. Meine Aufgabe war es jetzt, ihr den Weg zu zeigen. Nicht leicht für mich, denn auch ich hatte ordentlich spannendes Kopfkino, dass es nun zu unterdrücken galt. „Weiter, brav, weiter, brav…“, quasselte ich die ganze Zeit und mir war es so egal, was die anderen von mir dachten. Dazu kam, dass Luci sehr genau wusste, welche Pferde zu uns gehören und sie war ständig auf der Suche nach ihnen. An allen vier Tagen bestand unser Ausbildungsziel darin in diesem ganzen Getümmel zueinander zu finden und auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Das schafften wir tatsächlich auch jedes Mal und es war zu spüren wie wir beide jedes Mal ein bisschen besser wussten wie es funktionieren kann. Ich bin unglaublich stolz auf meine Luci, dass sie sich in diesen Situationen immer wieder von mir abholen und mitnehmen lässt und mir ihr Vertrauen schenkt, dass ich sie da schon durchbringe. Oft genug habe ich sie in unserer gemeinsamen Geschichte mit meiner eigenen Angst enttäuscht. Trotzdem gibt sie mir immer wieder eine Chance, weil sie merkt, dass ich mit meinen Aufgaben wachse.
Die Auftritte waren sehr unterschiedlich. Die ersten beiden waren davon geprägt, dass Luci sich die Situation mit allen Geräuschen und Gerüchen erst einmal ansehen musste. Beim dritten Auftritt wirkte sie am gelassensten. Beim letzten Auftritt war sie irritiert und ich habe mich mitreißen lassen, anstatt ihr den Weg bzw. eine Lösung anzubieten. Während wir in der Abreitehalle zwanzig Minuten Zeit haben auszuprobieren, wie es funktioniert, haben wir in den Auftritten 5-10 Minuten Zeit. Das ist einfach extrem kurz und dafür prädestiniert falsche Entscheidungen zu treffen. Alle Auftritte hatten ihre eigenen Themen, aber bei allen gab es einen gemeinsamen Nenner. Luci wollte sich sehr gerne hinter ein anderen Pferd klemmen. Das tut sie auch gerne im Gelände, wenn etwas gruselig wird. Ich bot ihr an, einem Pferd im Abstand zu folgen, aber sie rannte einfach, büffelte sich auf den Zügel und blendete mich aus. Ich hatte einiges zu tun und es gab ein paar unschöne Situationen, um sie aus ihrem Rennerechen rauszuholen, um sie wieder ansprechbar zu bekommen. Ich denke, dass wir hier noch einiges an Übungssituationen brauchen, um damit besser zurecht zu kommen.
Allerdings gab es auch sehr schöne Momente in unseren Auftritten. Samstags probierten wir eine Mühle mit allen Pferden aus, die sehr gut funktionierte. Luci verlor ihre Angst vor den Zuschauern und traute sich direkt auf dem Hufschlag zu laufen. Martina mit ihren beiden Wladimier Traktoren Pferden in der Fahrschule vom Sattel aus ist immer ein Hingucker. Jolyn Gamroth zeigt mit ihrem wunderschönen Henry gelungene Dressurelemente und sie hat ihn immer auf den Punkt da, wo sie ihn haben möchte. Caroline Göhring trabt mit ihrem Trabwunder Bonny so elegant daher und hat echt Spaß daran dem Publikum im rasanten Galopp das Feuer unserer Sanften Riesen zu zeigen. Nicht zu vergessen der riesengroße Robin, der mit Marc so sanft dahin galoppiert.
Neben unseren Auftritten nutzen wir alle die Möglichkeit uns den Besuchern im Außenbereich der Messe zu präsentieren. Für alle Pferde war dies auch ein gutes Training um die vielen Eindrücke wahrzunehmen und nach den Auftritten wieder runterzukommen. Luci war nämlich fest davon überzeugt, dass wir jetzt ausreiten gehen und wir ritten um die Messehallen, durch Tunnel aus Glas und um den Geländewagenparcours. Robin besuchte einen Messestand und Henry ließ sich von allen streicheln und herzen.
Von einem Messestand haben diesmal abgesehen, weil er wirklich sehr teuer ist. Um andere Auftritte und längere Zeiten bekommen zu können, muss an entweder einen Stand buchen oder eine richtige Shownummer vorweisen können. Lust hätten wir schon sehr darauf, aber dafür müssen wir uns auch zum Üben treffen. Mal sehen, was das Jahr 2019 für uns bereit hält.
Ich bin erst einmal sehr dankbar für dieses Abenteuer und die Erfahrungen, die wir machen durften. Auch wenn wir keinen perfekten – ach nicht mal annähernd perfekten – Auftritt hinbekommen, schweißen uns diese Situationen sehr zusammen. Lucis und meine Verbundenheit wächst durch jedes Abenteuer. Ihrem Selbstbewusstsein tut es auch gut. Zurück zuhause merken die anderen Pferde gleich, dass sie eine andere Ausstrahlung hat. Also freuen wir uns gemeinsam auf unser nächstes Abenteuer.
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