Horsica 2018

Zum ersten Mal nehme ich mit Luci an einer richtigen Pferdemesse teil. Wer mich kennt, kann erahnen, dass ich die Woche davor vor Aufregung fast zersprungen wäre.

Ende Februar bekommt Luci einen Hustenschub. Zu diesem Zeitpunkt war es fraglich, ob wir bis Ende März wieder fit sein würden. Mit Hilfe des Flexinebs und der Sole aus dem Horseairium haben wir den Husten aber innerhalb einer Woche gut in den Griff bekommen. Fast jede Woche treffen wir uns in der Reithalle zum Training.

Zum ersten Mal reiche ich einen Antrag auf Sonderurlaub ein und da an unserer Schule der Bücherflohmarkt stattfindet, wir einen tollen Schulleiter und ein tolles Kollegium haben, werde ich für Freitag freigestellt. Zum Glück konnte ich in der Woche davor zwei Überstunden machen, so dass ich mich nicht ganz so schäbige fühle, wenn ich nicht da bin. Trotzdem finde ich es sehr traurig, dass ich mit meiner lieben 1. Klassen den Bücherflohmarkt nicht gemeinsam erleben kann. Ich weiß sie aber sicher betreut in den vertrauensvollen Händen meiner Kollegen.

Wenn man sein Pferd in einem Offenstall hält, stellt sich die Frage, wie man beim Waschen am schlausten vorgeht. Die Temperaturen fallen ungünstig in den Minusbereich. Schnell ist klar, dass ich nur die Füße waschen werde. Luci findet das großartig. Sie genießt das warme Wasser und das Schrubben der Füße. Damit sich nicht sofort der Dreck wieder in das Fell setzt, öle ich sie ein. Am Freitagmorgen wasche ich ein letztes Mal. Weiß sieht irgendwie anders aus, aber dafür gibt es ja Babypuder.

Michelle kommt nach der Arbeit morgens zu mir und wir fahren gemeinsam los. Luci steigt wie eine eins in den Anhänger. Gegen zehn kommen wir auf dem Messegelände an. Wie gut, dass wir das Warten auf dem Anhänger mit Martina geübt haben, so dass ich in Ruhe zum Vet-check gehen kann. Marc hat Lucis Box schon eingestreut, so dass wir sie gleich dort hineinstellen können. Luci ist beim Aussteigen wirklich ruhig, sie schaut sich alles an und kommt mit mir in das Stallzelt. Für uns wurden extra die Boxen vergrößert, so dass wir eine Luxusbox im Stallzelt vorfinden. Als ich das Heunetz aufhänge ist Luci zufrieden, frisst und schaut.

Je näher unser erster Auftritt rückt, desto aufgeregter werde ich. Vorher laden wir den Anhänger aus und bringen das Gespann auf den bewachten Parkplatz. Ich muss die Musik noch abgegeben, fällt mir in der letzten Sekunde ein.

Dann ist es schon an der Zeit die Pferde fertig zu machen. Ich werde immer stiller und frage mich, wieso noch gleich ich uns diese Aufregung antue. Gesattelt und gewienert verlassen wir das Stallzelt. Luci ist super aufgeregt und ich gehe erst mal ein paar Runden mit ihr, bevor ich aufsteige. Die Aufregung bleibt. Im Abreitebereich galoppiert ein schwarzer Spanier. Luci ist fest davon überzeugt, dass er es nicht gut mit uns meint. Ich bete nur, dass die Reiterin Lucis deutliche Körpersprache versteht und Abstand hält. Wenn Luci sich entscheide sich Luft zu verschaffen, kann ich das nicht verhindern. Mein Ziel für heute ist: Wir finden den Weg in die Arena und einigen uns auf einen Weg und ein Tempo.

In den ersten fünf Minuten erschreckt sich Luci vor allen Dingen, die es zu entdecken gibt. Besonders gruselig findet sie die anderen Pferde, die auf einmal an uns vorbei reiten. In der Reithalle beim Training stört sie das nicht, aber hier ist so viel zu sehen, dass sie jedes Mal überrascht ist, dass es noch andere Pferd hier gibt. Sie steht richtig auf der Bremse und traut sich kaum, vorwärts zu gehen. Dann wird es besser und sie gewöhnt sich an die Situation und wir kommen ans Reiten. Wir trauen uns auch gegen Ende bis an die Bande heran. Nach unserem ersten Auftritt ist sie nass geschwitzt und draußen gehen wir noch eine Weile bis sie runter gefahren ist. Auch bei mir löst sich die Anspannung.

Für den Rest des Tages genießen wir die Messe. In der Nacht träume ich unseren Auftritt vorwärts und rückwärts und finde wenig Erholung. Früh bin ich wach und kann die Füße nicht stillhalten. Morgens möchte ich mit Luci entspannt in die Arena. Eigentlich haben wir von acht Uhr bis kurz vor zehn Reitzeit. Als wir kurz nach neun in die Halle gehen, kommt direkt nach mir der Bahnplaner in die Halle und fährt rücksichtslos seine Runden. Aus unserem entspannten Spaziergang in der Arena wird leider nichts. Ich bleibe in der Halle bis sie sich beruhigt hat, dann gehen wir draußen noch eine Weile spazieren. Jetzt befürchte ich das Schlimmste. Ziel sollte ein entspannter Aufenthalt sein und jetzt war es irgendwie nur Stress.

Die beruhigenden Worte des Teams können mir irgendwie nicht wirklich helfen. Heute haben wir den Abreitebereich zum Glück für uns. Luci ist schon beim Aufsteigen sehr ruhig und auch im Abreitebereich hört sie super zu. Dann geht es los in die Arena. Zwar erschreckt sie sich immer noch vor den galoppierenden Pferden, aber wir harmonieren richtig gut. Wir kommen ein paar Mal ganz an die Bande und können auch Andeutungen einer Traversale zeigen. Kruppeherein geht auch ganz gut, aber das Schulterherein ist ähnlich schwierig wie im Training. Wir trauen uns sogar einen Galopp auf der rechten Hand zu. Einmal springen wir im Gangsalat an, aber da war meine Vorbereitung schlampig. Auch wenn ich nicht so schaue, aber ich bin mega stolz auf Luci, dass sie so gut auf mich hört und mit mir arbeitet an diesem Ort.

Nach unserem Auftritt geht es mir richtig gut. Ich bin unglaublich stolz auf mein Pferd. Wir zeigen nichts Spektakuläres, aber darum geht es mir auch nicht. Es geht mir darum, dass ich eine gute Kommunikation mit meinem Pferd habe, es nicht überfordere und nichts verlange, was wir nicht auch sonst können. Genauso hat sich angefühlt, als ob wir in der Reithalle trainieren.

Der Auftritt am Sonntag ist dann nicht mehr ganz so aufregend. Beim Abreiten ist Luci voll da und wir machen eine gute Arbeit. In der Arena zeigt sie mir deutlich, dass sie müde ist. Sie erschreckt sich auch wieder mehr und mag nichts Anstrengendes mehr machen. Heute keinen Traversalen sagt sie. Ich lasse mich auf ihren Vorschlag ein. Ein bisschen Galopp probieren wir trotzdem, aber sie fällt mir schon nach einer Runde aus. Während des Reitens überlege ich, ob ich das so lassen kann oder ihr doch mehr abverlangen sollte. Im Training würde ich es tun und es soll sich hier ja auch wie Training anfühlen. Ich entscheide mich dagegen. Am Ende bin ich dann etwas genickt, weil ich mir nicht sicher bin, ob es die richtige Entscheidung war. So ganz ohne Erfahrung entscheide sich das eben schwer. Habe ich mich wieder von Luci umstimmen lassen, hätte sie vielleicht doch ihren inneren Schweinehund überwunden und mehr gezeigt oder wäre es dann vielleicht eine unfaire Überforderung geworden?

Irgendwann lassen mich diese nervigen „Hätte ich nicht mal besser“- Gedanken los. Irgendwie bin ich selber auch sehr müde. Gemeinsam Essen wir noch etwas und dann geht es an die Heimreise. Wir müssen Luci auf der anderen Seite der Messehallen verladen. Was mich natürlich schon wieder gruselt. Martina merkt es und kommt mit. Luci möchte nicht einsteigen. Da es super eng dort ist, gibt es keine großen Diskussionsmöglichkeiten. Damit weder Pferd, Mensch noch den herumstehen Autos was passiert, muss Martina sie einmal antippen von hinten, damit sie einsteigt. Luci ist im Anhänger echt aufgeregt und hampelt herum. Wie gut das Martina da ist und auf mit einredet, so dass wir warten können bis Luci wieder runterfährt bevor wir los fahren.

Zuhause angekommen begrüßen die Shiremädels ihre Luci. Sie toben alle wie verrückt auf dem Reitplatz herum. Nur Luci steht am Heunetz und frisst. Als die Mädels fertig sind mit dem Toben, geht Luci auf den Reitplatz und macht etwas, was sie bisher noch nie gemacht hat. Sie wirft sich in den Sand und wälzt sich wie ein richtiges Pferd. Sie wälzt sich ein paar Mal über den Rücken hin und her und dann springt sie auf uns macht einen Bocksprung. Das habe ich bei meinem Pferd noch nie gesehen. Zufrieden und paniert frisst sie am Heunetz, um später in der Sonne auf dem Reitplatz zu schlafen.

Wir hatten ein ganz tolles Team auf der Messe. Alle haben mit angepackt und die Stimmung war immer sehr gut und abgesehen von meiner Aufregung sehr entspannt. Wir alle waren super froh, dass Marc auf dem Messegelände geschlafen hat und nach den Pferden geguckt hat, so dass alle beruhig ins Hotel oder eben nach Hause fahren konnten. Jeder hat auch den anderen Rücksicht genommen und ist respektvoll mit dem anderen umgegangen. Mir hat es besonders geholfen, dass mir niemand krumm genommen hat, dass ich so angespannt war, dass ich aufgehört habe zu reden kurz vor dem Auftritt und mich auf mich selbst und Luci konzentriert habe.

Ob ich noch mal so etwas mache, weiß ich noch nicht. Es war super anstrengend. Ich glaube, dass wir noch viel Unterricht und Ausbildung brauchen, um wirklich zeigen zu können, dass Shire Horses auch leichtfüßig sein können. Für unseren ersten Auftritt auf einer Messe, haben wir trotzdem überaus unerwartet gut miteinander arbeiten können. Ich hoffe, dass uns diese gemeinsame Erfahrung stärkt und unsere Beziehung festigt. Unsere Zielsetzungen haben wir voll erfüllt, wir waren in der Arena, sind fast überall langgeritten wo wir lang wollten, haben uns gut zugehört, waren eine Einheit.

Ein großer Dank geht auch an Michelle, die sich eingebracht hat, wo sie nur konnte. Völlig selbstständig und sicher, weiß sie, was zu tun ist. Wirklich eine großartige Partie und Michelle! Am Dienstag wird sie ihr Dankeschön genießen können.

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